Wir sind in Québec angekommen - natürlich wieder zu früh, was höchstens die Hafenbehörde stört, und ich betrete zum ersten Mal im Leben Kanada, was somit in meiner Ländersammlung die Nummer 56 wird und sie somit um eins weniger erweitert, als ich für dieses Jahr erwartet hatte (eigentlich waren Rumänien und die Ukraine geplant gewesen, und auf der Ersatzreise hätte ich Israel und Zypern besucht), aber Kanada ist so groß, dass man es doppelt zählen könnte. Oder dreifach. Oder zehnfach? Und wie zählt man dann den Vatikanstaat? Am besten gar nicht? Nein Quatsch, Länder zählen „stückweise“, egal wie groß sie sind. Inzwischen bin ich an einem Schulbus angekommen, mit dem heute die kleine Stadtrundfahrt in Québec stattfinden soll. Der Guide heißt Schumacher, aber deutsch haben nur seine Vorfahren vor zweihundert Jahren gesprochen. Er ist schon knappe siebzig, genau wie der Busfahrer. Da er neben der in Québec üblichen Landessprache französisch nur ein sehr schönes englisch spricht, bekommen wir vom Schiff einen Audioplayer mit, der mit deutschen Erklärungen besprochen ist. Unter anderem.
Wir fahren los, alles gut, der Audioplayer funktioniert und erklärt was wir sehen: klar, laut, deutlich - aber auf französisch. Hin- und herspulen, ein- und ausschalten, alles zwecklos, die beiden älteren Herren kriegen das kleine Stück Hightech nicht in den Griff. Nach etwa einem Kilometer drehen wir um und fahren zwecks technischem Support zurück zum Schiff, wo Geneviève, eine junge Kollegin aus dem Ausflugsteam und sehr gefragt, weil französische Muttersprachlerin, sich dem Problem erfolgreich widmet. Vorsichtshalber fährt sie dann auch gleich mit. Das Schiff darf zwar eigentlich niemanden zum übersetzen mitschicken, auch wenn der örtliche Fremdenführer kein deutsch spricht, aber gegen einen Operator für den Audioplayer hat keiner was gesagt. So findet die Stadtrundfahrt dann endlich statt, mit zum Teil holprigen Texten, Sprüngen und Lücken, aber immerhin auf deutsch.
Québec ist wirklich sehenswert. Es besteht, ähnlich wie Lissabon, aus einer Ober- und einer Unterstadt, gekrönt von dem majestätischen Château Frontenac, einem Luxushotel, das als Hauptsehenswürdigkeit der Stadt gilt.
Es gibt noch unzählige verwinkelte Altstadtgassen mit kleinen und großen Häusern aus der Kolonialzeit, teils im französischen, teils auch im englischen Kolonialstil. Ich könnte mir diese Stadt wunderbar als Filmkulisse vorstellen, für irgendwas historisches, je nach Licht und Blickwinkel für eine Fantasy-Geschichte, oder, wenn schön verschneit, für ein Weihnachtsmärchen à la Dickens.
Alle Mitglieder unserer kleinen Reisegruppe sind begeistert, fanden aber Souvenirs und alles sonst recht teuer. Woher soll man als normal gebildeter Mensch auch wissen, dass man den amerikanischen Dollar zwar ungefähr 1:1 zum Euro rechnen kann, ein kanadischer aber nur 70-80 Cent wert ist. Und schon ist es vorbei mit den hohen Preisen.
„Québec“ bedeutet übrigens in einer alten Sprache „Flussverengung“, denn der SLS ist an dieser Stelle nur etwa einen Kilometer breit. Als wir abends ablegen, muss sich das Schiff um 180° drehen, damit es wieder in die Richtung fahren kann, aus der es gekommen ist. Obwohl jedes moderne Kreuzfahrtschiff sich auf der Stelle drehen kann, ist das Manöver, je nach Wind- und Strömungsverhältnissen, sicherlich nicht einfach und dürfte von außen höchst spektakulär ausgesehen haben.
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