Heute kann man endlich mal ausschlafen, denn die Ausflüge finden erst nachmittags statt. Mal abgesehen davon, dass ich keinen gebucht habe. Außer ein bißchen shopping mache ich heute auch nichts. Ach so, wo bin ich eigentlich? Catania auf Sizilien, der Heimat von Emiliano Castegnato. (Wem der Name nichts sagt: das ist der durchgeknallte Wirt aus "Wrong World".)
Bleibt also mal Zeit, ein paar Sätze über das Schiff selber zu schreiben. Es sieht so aus, wie man sich ein Kreuzfahrtschiff vorstellt: einfach weiß, mit einem Schornstein und einer dezenten Bauchbinde in türkis. Es hat keine Schmuckstücke aufgemalt, keinen dunkelblauen Rumpf voller riesiger Wörter, und es hat schon gar keinen albernen Kussmund am Bug. Nur einen dezenten weißen Vogel auf gelbem Hintergrund. Die Passagiere passen dazu. Man erkennt sie, zumindest die männlichen, an der Haarfarbe. Entweder grau, oder gar keine mehr. Die Mannschaft dagegen stammt meist von den Philippinen und hat dunkle Haare. Bis jetzt klappt die Unterscheidung auch ohne Uniform, aber dann habe ich einen Mann gesehen, mit einer Mischung aus grauen und gar keinen Haaren, der aber auch zur Manschaft gehört: unseren Captain. Vom Alter her ist er nahe dran an seinen Passagieren, die ungefähr bei 70 Lenzen (bei manchen sind es auch Winter) beginnen. Es gibt noch mehr Besatzungsmitglieder mit grauen Haaren: gestern habe ich eine Reiseleiterin gesehen, die im richtigen Leben vermutlich auch schon im Ruhestand war. Aber bei der Klientel hier ist das gar nicht so schlecht.
Die Artania hat drei Restaurants: ein Bedienrestaurant auf Deck 2 mit dem Charme der 50er, im Dekobereich gepaart mit Südstaatenromatik. Es heißt "Vier Jahreszeiten", was auf Bodenständigkeit und Qualität schließen lässt.
Auf Deck 3, genau oben drüber, gibt es noch so ein Bedienrestaurant, dessen Charme immerhin schon in den späten 60ern oder sogar frühem 70ern angekommen ist, allerdings ohne die dazugehörige schreiende Farbgebung. Es heißt "Artania", was man sich gut merken kann, weil das Schiff auch so heißt.
Auf Deck 8, genau oben drüber - ok, wenn man sich Deck 4 bis 7 wegdenkt - gibt es ein Buffettestaurant. Ich weiß nicht, welchen Stil das hat, eigentlich gar keinen, aber auch hier sitzt man gut.
Zum System: das Frühstück gibt es in allen drei Restaurants als Buffet, wobei die Auswahl in den beiden unteren etwas kleiner erscheint, weil man manche Dinge (z.B. Spiegeleier) nicht aus irgendeinem Behälter fischt, sondern beim Kellner bestellt, und damit schnell und frisch gemacht direkt aus der Küche bekommt. Beim Mittag- und Abendessen hat man, wie der Name schon sagt, auf Deck 8 Buffett für alles (falls es jemanden interessiert, dieses Restaurant heißt "Phoenix", wie die Rederei), in den anderen beiden Restaurants wird man bedient, und das geht so: man bekommt eine zweiseitige Speisekarte, die aufgebaut ist wie folgt: auf der linken Seite steht alles, was es gibt, also z.B. Je zwei Vorspeisen, zwei Suppen, drei Hauptgerichte (jeweils eins in Fleisch/Fisch/Vegetarisch), dazu zwei bis vier Nachtische. Da es Menschen gibt, die davon überfordert sind sich ihr Wunschmenue selbst zusammen zu stellen, gibt es die rechte Seite: hier hat der Küchenchef zwei Menues als Vorschlag zusammen gestellt, einmal Fleisch bzw. Fisch und einmal vegetarisch, mittags nur drei Gänge, abends vier, damit das bestellen leichter fällt. Bei freier Auswahl dagegen wählt man zwischen ein und fünf Gängen, in der Regel. An dieser Stelle möchte ich eine kleine Anektdote einflechten.
Vor ein paar Jahren, auf einem anderen Schiff, hat ein Gast während dem Bestellvorgang einmal unvorsichtig geäußert: "ich kann mich einfach nicht zwischen Fisch und Fleisch entscheiden!" Daraufhin die Kellnerin, saharatrocken: "ok, dann kriegen Sie halt beide!" Der Gast wollte es zunächst nicht glaubrn, aber hat tatsächlich beide Hauptgerichte (nacheinander) bekommen, und auch gegessen. das graue ich den Kellnern hier auch zu. So viel zum Thema flexibel.
Seid Ihr noch bei mir? Gut, dann zurück zum Thema. Die Leute vom Restaurantkonzept haben sich zwei ganz schlaue Sachen ausgedacht: Rein rechnerisch könnten die nur 1200 Passagiere der Artania alle gleichzeitig essen, wenn sie sich nur gleichmäßig auf alle drei Restaurants verteilen würden. Diese gute Idee wurde sogar zuende gedacht: es gibt grundsätzlich in allen drei Restaurants immer das gleiche. Und wie phantastisch dieses gut durchdachte System funktioniert, habe ich jetzt mehrere Tage beobachtet: kurz vor Öffnung der Restaurants bilden sich immer mehr oder weniger lange Schlangen davor (fragt mich nicht, warum, es herrscht keinerlei Mangel). Als erstes ist das "Phoenix" überflutet, denn der Durchschnittsrentner ißt entweder besonders wenig oder besonders viel, oder er denkt nur praktisch, denn Essen ist Nahrungsaufnahme, nicht mehr und nicht weniger, und alles das spricht für die Buffettform.
Der nächste Typus von Rentnern fühlt sich der "upper class" zugehörig (sorry für den Anglizismus, aber so weit ich weiß, gibt es kein deutsches Wort dafür). Hier kommt natürlich nur das "vier Jahreszeiten" infrage, gute Restaurants mit diesem Namen gibt es doch schon seit den Kindertagen der Großeltern der anwesenden Rentner. Schwupps, ist auch das rappelvoll.
Und das "Artania"? Bietet viel Platz und eine ruhige Atmosphäre. Und was für alle gilt: das Essen schmeckt extrem gut, und das reichhaltig vorhandene (meist philipinische) Personal verwöhnt einen wie man es noch nicht gesehen hat. Auch wenn viele nur mangelhaft deutsch sprechen können, sie verstehen alles was nötig ist um ihren Job zu machen, sie merken sich ab dem zweiten Besuch was man trinkt und bringen es unaufgefordert. Ist das Restaurant schon recht gefüllt und sie sehen einen kommen, winken sie einen schon von weitem auf einen freien Platz, lesen jeden Wunsch von den Augen ab und machen immer Späße. Da ist es nun wirklich nicht schlimm, wenn man mal ein Schweinenackensteak mit den Worten" Bitteschön, Schweinerochen" auf den Tisch gestellt bekommt.
Genug vom Schiff? Pech gehabt, es geht erst richtig los.
Wir spulen mal zurück, zum Zeitpunkt der Einschiffung. Noch außerhalb des Schiffes. Bevor man an Bord gehen darf, geschieht das Einchecken in vier Phasen:
1. man zeigt an einem Schalter, ähnlich wie am Flughafen, seinen Pass und Ticket vor.
2. man wird fotografiert.
3. man bekommt die Bordkarte mit dem schrecklichen Foto, ein paar Daten wie der Kabinennummer, einem Strichcode und seinem Namen, zusätzlich eine altertümliche Schlüsselkarte mit Löchern, um die Kabine zu öffnen (bei modernen Schiffen macht das die Bordkarte), und ein praktisches Mäppchen in Phoenix-türkis, mit Fächern für Bordkarte, Schlüsselkarte, und ein paar weiteren, die später noch gebraucht werden.
4. zum Achluss das angenehmste: ein Glas Sekt oder Saft oder Wasser. Ist das leer, darf man an Bord.
Den Rest der Prozedur kennt Ihr schon, und jetzt sind wir auf der Kabine. Nicht lange, es klopft, und der Koffer wird gebracht. Das ist positiv. Weniger schön ist die Einrichtung. Das Schiff wurde in den achtziger Jahren gebaut, aber seitdem teilweise renoviert. Ich habe teilweise Glück: das für schaukelige Seefahrten eher ungeeignete Wannenbad wurde bereits durch eine große, bodengleiche Dusche ersetzt, auch der Tepich ist neu, aber die Schlafsituation ist es nicht. Bei einer Gesamtbreite der Kabine von kaum mehr als zwei Metern, gibt es links ein Sofa, das auch als Bett arbeiten könnte, rechts ein hochklappbares Bett, darüber ein hochgeklapptes, sogenannates Pullmann-Bett. Von den beiden dazugehörigen Lampen wurde die eine krumm, und die andere schief eingebaut. Auch der Wandschrank mit geringer Tiefe, ausreichend für einen älteren Mann (so wie mich, der nicht so viel Zeug dabei hat), zu klein für eine Frau und weitere Personen, und die darauf liegende Einhängeleiter für das Hochbett, sind schon länger da, genau wie der Stuhl vor der Kombination aus Schreib- und Schminktisch. So ganz unbedarft hätte ich angenommen, dies ist eine Mannschaftskabine ab Oberkellner. Die Betten sind übrigens nur ca. 80cm breit, und die Matratzen - ohne Worte. Die armen Leute mit Bandscheibenproblemen, und die sind hier häufig anzutreffen.
Immerhin gibt es, wie schon erwähnt, einen Obstkorb, der ab und zu einmal nachgefüllt wird, je nach dem, wieviel fehlt. Allerdings achtet das Housekeeping nicht auf das Alter des Obstes. Ich habe eine Birne, die begleitet mich seit dem ersten Abend. Ich mag sie aber nicht, doch ich fürchte, die wird erst zur Abreise entsorgt. Dennoch - der kostenlose Obstkorb ist eine gute Idee.
Das Schiff verfügt über mehrere Bars (leider darf man in den beiden schönsten teilweise, d.h. In bestimmten Bereichen rauchen), eine Show-Lounge, eine große Boutique, Fitness-Studio, Krankenhaus (die Reihenfolge war jetzt nicht beabsichtigt), Reisebüro, Rezeption, Kino, Photoshop. Toll bei schönem Wetter ist das rundum verlaufendende Promenadendeck, auf dem man auch joggen könnte, wenn nicht dauernd jemand im Weg stünde. Zwei Pools gibt es noch und drei Außenbars, in denen es leider meistens recht laut ist. Entweder vom Schornstein oder vom Discjockey. Oder, an manchen Abenden, von beiden gleichzeitig. Draußen essen kann man auch, im Buffettestaurant, oder besser gesagt, dahinter, in der obersten Etage des wie ein Amphitheater halbrund abgestuften Heckbereichs. Was fehlt noch? Ach ja, trinken. Zum Frühstück gibt es natürlich die üblichen Verdächtigen: Kaffee, verschiedenen Tee, Säfte, Wasser. Sekt kostet, jedenfall meistens. Zu den anderen beiden Hauptmahlzeiten bekommt man Wasser, den Saft des Tages, sowie die Hausweine in Rot und weiß. Limo, Cola und Bier kosten. Die Preise sind durchaus normal, vielleicht wie beim Griechen zuhause, aber das procedere nervt irgendwie: wenn man ein Getränk bestellt, oder etwas kauft, oder zum Friseur geht, kurz, irgendetwas haben möchte, das Geld kostet, wird man nach seiner Kabinennummer gefragt. Dann kommt der Kellner mit dem Getränk und einem Kassenzettel, den man unterschreiben muß. Als Beleg läßt er einen weiteren da, der - einmal gefaltet - genau in so ein noch nicht benutzes Fach der kleinen Mappe passt, in der sich bereits Bordkarte und Schlüssel befinden. Den Beleg schmeisst man am besten direkt weg, oder man ist gründlich, und hebt ihn auf, bis am Ende der Reise die Rechnung kommt. Aber nicht in dem Mäppchen, das reicht nicht, ich schwöre es Euch.
Manchmal gibt es auch noch etwas extra und kostenlos dazu, zum Beispiel ein Vorspeisenbuffett mit italienischen Spezialitäten. Oder ein griechischiches Buffett (kostenlos), mit günstigem Ouzo (kostenpflichtig). Oder eine Mottoparty, bei der man - wenn man passend angezogen kommt, auch noch einen kostenlosen Cocktail schlürfen darf. Egal, ob man ihn mag.
So, Ihr Lieben. Nachdem ich Euch jetzt genug gelangweilt habe, gibt es etwas Entspannung. Meine Posts von Sonntag bis Dienstag könnt Ihr, verziert mit den Bildern meiner gesamten Reise, ab Mittwoch abend im Netz lesen. Falsch, bis dahin sind alle Posts mit Bildern verziert. und bei Bedarf bin ich dann auch wieder direkt erreichbar. Danke für Euer mitlesen und die Geduld, bis ich Euch den Rest gebe.