Mittwoch, 31. Oktober 2018

Ausweispflicht

Ein neuer Tag beginnt, die Sonne scheint, und wenn man aus dem Fenster schaut, sieht man das Meer. Mehr aber auch nicht. Ach so, falsche Seite. An Steuerbord ändert sich die Aussicht: im strahlenden Sonnenlicht liegt die Costa Blanca und in der Ferne unser heutiges Ziel, der  südspanische Badeort Alicante, gleichzeitig der westlichste Punkt unserer Reise.


Im Hafen liegt schon die "Celebrity Eclipse", ein sehr schönes großes Schiff, vollgestopft mit 3.500 Amerikanern. Gemeinsam mit denen geht es gegen 12.00 Uhr zum Landgang. Das Personal in den Restaurants wird heute wohl mal etwas weniger Mittagsstress haben.




Alicante an sich ist nicht allzu schön. Riesige weiße Bettenburgen prägen das Stadtbild (daher hat die Region übrigens ihren Namen: von den vielen weißen Gebäuden hier und in den Nachbarorten). Links vom Hafen liegt vor den Hotels eine protzige Strandpromenade und davor ein protziger Yachthafen mit passender Gastronomie. Rechts sieht es einladender aus: ein langer Sandstrand mit kleinen Cafés, keine Strandpromenade, kleinere Hotels. Und die Hauptattraktion: der Hausberg Benacantil, 166m hoch, oben bebaut mit der Burg Santa Bárbara. Man kann zu Fuß hoch steigen, muß man aber nicht. Man kann auch mit dem Aufzug hoch fahren. Dafür genügt es, wenn man sich 30-40 Minuten anstellt und neben dem Fahrpreis auch noch einen offiziellen Personalausweis dabei hat. Mit dem Bordausweis sind sie - trotz Lichtbild - nicht zufrieden. Auf diese Weise verärgert man den einen oder anderen Touristen. Mich selbst stört diese Bürokratie nicht ganz so, denn allein die Aussicht, mehr als eine halbe Stunde auf eine einfache Aufzugfahrt warten zu müssen, hat mich verzichten lassen. Den Ausweis dagegen hätte ich dabei gehabt.



Zurück auf dem Schiff ist Kaffee-und-Kuchen-Zeit. Ich schwanke kurz, entscheide mich dann aber doch für den Inhalt meines Kabinen-Obstkorbs: Eine Birne und zwei Mandarinen. Das reicht bis zum Abendessen. Kurz danach legt das Schiff ab und fährt in die Halloween-Nacht.Und ich mache auf meiner mentalen 7-Länderliste nach Frankreich auch an Spanien einen "erledigt"-Haken. Knapp zwei Wochen und fünf Länder liegen nun noch vor mir.




Dienstag, 30. Oktober 2018

Nach dem Sturm

Am nächsten Morgen sind wir dem Mistral entkommen, und bis auf ein paar blaue Flecken bei dem einen oder etwas Seekrankheit bei dem anderen Passagier ist alles gut ausgegangen. Mit zwei Stunden Verspätung erreichen wir als letztes von sechs Kreuzfahrtschiffen Barcelona und quetschen uns nicht ohne Mühe in die letzte freie Parklücke im Hafen. 



Das Wetter ist sonnig, die Luft frisch, aber ich entscheide mich doch dafür, im T-Shirt los zu gehen. Richtig war die Entscheidung. Zunächst gibt es eine interessante aber unspektakuläre Panoramafahrt im gut geheizten Bus, dem ich gegen Ende der Rückfahrt am Kolumbisplatz entkommen kann, denn in Barcelona gibt es ein Hard Rock Café, und da will ich hin. 



Dafür opfere ich sogar das Mittagsmenue auf dem Schiff. Es ist kein großes Opfer, denn im HRC gibt es unter anderem die weltbesten Burger, serviert von hübschen Mädchen in kurzen Röcken. Dazu gibt es coole Rockmusik von Flatscreens und tolle Dekorationen: lauter Originale, egal ob Goldene Schallplatte, Bühnenanzug, signiertes Konzertplakat oder eine Gitarre. In meinem Fall ist es eine von Ritchie Sambora aus seiner Zeit bei Bon Jovi. Nach dem Essen kommt das shoppen, und mit einem T-Shirt, einer Jacke und einem Kühlschrankmagneten mehr gebe ich mich wieder der inzwischen überfüllten La Rambla hin, wild entschlossen, die drei Kilometer bis zum Schiff zurück zu laufen. Aber das ist doch etwa viel nach diesem Tag, und als mir nach dem halben Weg der Shuttlebus zum Hafen begegnet, bin ich doch sehr froh.

Wieder auf dem Schiff, treffe ich auf den Captain, der mich in ein kurzes Gespräch verwickelt. Nicht gelogen, der berühmte Mortem Hansen hat mit mir gequatscht! Besser kann der Tag nicht werden. Wurde er auch nicht, auch nicht abends beim Kennenlerntreff der Alleinreisenden. Besonders da nicht. Wir waren ca. zwanzig Leute, und ich der einzige Mann. Das wäre nicht schlimm. Der Sekt hat geschmeckt, die beiden Phoenix-Mädels, die das Treffen geleitet haben, waren echt cool. Die Gäste - naja, ich möchte es mal höflich verschleiern: der Ponyhof ist dagegen ein Teenytreffen. Und wer damit nichts anfangen kann, möge mich bitte persönlich fragen.






Montag, 29. Oktober 2018

Frankreich fällt aus

Wie der Kreuzfahrtdirektor gestern noch spät mitteilte, hat Korsika, wo wir hin wollen, unerwartet montags geschlossen. Naja, nicht ganz Korsika, aber aufgrund der stürmischen und unberechenbaren Wetterlage in der Umgebung von Genua und weiter südlich (Ihr habt sicher aus den Medien davon erfahren) wurde der Hafen von Ajaccio geschlossen. Und bevor wir auf die Idee kommen, stattdessen Sardinien anzulaufen, sperrt der Hafenmeister von Cagliari auch schnell ab. Also, eigentlich, weil sie gleich daneben liegen und auch so schlechtes Wetter erwarten. Kapitän Morten Hansen, der berühmte, beschließt deswegen heute einen Seetag einzulegen, morgen ganz früh in Barcelona zu sein, und zum Ausgleich dort einen ganzen Tag zu bleiben. Auf diese Weise würden wir der Schlechtwetterfront so weit wie möglich entkommen. Wir fahren also Richtung Westen und sind guter Dinge. Das Schiff bewegt sich, dafür ist es ein Schiff, auch wenn es anstatt nur vorwärts zu fahren über die eine oder andere Welle hoppelt, dabei fröhlich von links nach rechts schaukelt, und manchmal von rechts nach links. Ich filme ein bißchen auf den Außendecks. Das geht auf Deck 4 sehr gut, aber leider nicht nach vorne, weil man da nicht rausgucken kann. Das wiederum geht auf Deck 5 ganz gut, wenn auch der starke Wind etwas lästig ist. Auf Deck 6 ist die Sicht besser, aber der Wind so richtig stark. Und als ich mich wegen der noch besseren Sicht auf Deck 7 wage, muss ich das Kamerastativ fest halten, damit es von dem Orkan nicht weggeblasen wird. Auch bei mir selbst habe ich jetzt Bedenken und bin froh, dass ich so schwer bin.

Dann hätten wir noch, oberhalb der Brücke, Deck 9. Aber da ist niemand. Warum, kann ich mir auch nicht so recht erklären. Und der Wind wird stärker.

Nicht zum, sondern nach dem Mittagessen gibt es draußen "grobe See", was mich an den doofen Metzgerwitz erinnert: "ich hätte gerne 100 Gramm von der groben fetten" - "Die hat heute Berufsschule!". Die See dagegen hat natürlich keine Berufsschule, sondern produziert Wellen bis 6m Höhe, und das bei starkem Wind bis 49 km/h. Das stört ein Schiff wie die "Artania" allerdings noch nicht, genausowenig wie die meisten Passagiere. Allerdings laufen die meisten, als hätten sie zu viel getrunken. Per Durchsage kommt der Hinweis, man solle sich auf den Außendecks und Balkons wegen der Feuchtigkeit von unten und oben nur sehr vorsichtig bewegen. Aus der groben See wird sehr grobe und dann hohe, der Wind steigert sich stürmisch und dann zum Sturm bis 88 km/h, und seemännisch sind wir schon bei Windstärke 10. Die Passagiere werden gebeten, die Außenbereiche nicht mehr zu betreten, und sich grundsätzlich gut fest zu halten. Das Fenster meiner Kabine liegt ungefähr 15m über dem Meeresspiegel, und ich kann trotzdem vom Sofa aus die Gischt sehen, die unser Schiff erzeugt. Ab und zu hört man einen schweren Schlag, und dann neigt sich es sich etwas mehr nach links als sonst. Eigentlich sollte heute Begrüßungscocktail und shakehand mit dem Captain sein, aber da man befürchtet, die Fotos werden nicht so schön, wenn man sich am Captain festkrallt, wegen den Wellen, wird die Veranstaltung abgesagt. Nach dem nächsten Schlag fallen in meiner Kabine sämtliche Gläser und Flaschen um, Obstkorb, Vase und Plastikblume gehen zu Boden, der Apfel aus dem Obstkorb durchfliegt mit einem Affenzahn die ganze Kabine, und der Stuhl kommt ins Rutschen, direkt auf die sich öffnende Schranktür zu. Aber immerhin: noch ist nichts kaputt. Da der Sturm gerade mal sein Niveau hält, stopfe ich Gläser und Flaschen soweit wie möglich in die Minibar, lege den Rest in einen leeren Schubkasten, Sofakissen drauf, alles safe. Bis jetzt. Kurz nach dem nächsten Schlag kommt die Durchsage, dass man das auf Deck 8 befindliche Buffettrestaurant heute nicht öffnen wird, weil soeben stapelweise Teller zu Bruch gegangen sind. Man bittet das zu entschuldigen, geht aber davon aus, dass aufgrund des Wetters heute auch ausnahmsweise zwei Restaurants reichen werden. Die Stewardess kommt rein für den abendlichen turn-down und wundert sich wahrscheinlich, dass ich bei dem Sturm ausgerechnet "Fang des Lebens" gucke, eine DMAX-Doku über Krabbenfischer in der Behringseee. Bei denen herscht auch immer Windstärke 10 oder schlimmer, aber die Fischkutter sind gerade mal so lang wie unser Schiff breit ist. Oder schlimmer kriegen wir jetzt auch, aus dem Sturm wird ein starker und dann ein orkanartiger, die Wellen überschreiten locker die 10-Meter-Marke. Gerade wird die abendliche Show abgesagt, weil der letzte Schlag die Bühne abgeräumt und die Instrumente des Orchesters in alle Richtungen verstreut hat. Während ich überlege, wo ich mich festhalten soll falls es noch schlimmer wird, bieten sie über Lautsprecher  an, Tee und Zwieback durch den Kabinenservice liefern zu lassen, es gäbe in den restlichen Restaurants aber auch richtiges Abendessen. Als sich gegen halb acht der Sturm seltsamerweise etwas legt, schwanke ich vorbei an vielen bereitgestellten Kotztüten ins nicht sehr gut besuchte Restaurant (Überraschung) und lasse es mir schmecken. Währenddessen kommt die Erklärung für das vermeintliche Abflauen des Sturms: wegen einem Wasserrohrbruch im Crewbereich musste man das Schiff aus dem Wind nehmen und Kurs Richtung Tunesien nehmen, bis alles repariert ist. Danach geht es weiter nach Barcelona, bewegt, aber nicht mehr so schlimm. Meine Schranktür ist in der Nacht nur noch ein einziges Mal aufgesprungen, und aus dem Bett gefallen oder gar seekrank geworden bin ich auch nicht.






Sonntag, 28. Oktober 2018

Lange Reise

Eigentlich ist es gar nicht so weit von Nürnberg nach Genua, wo das Schiff auf seine Gäste lauert. Würde man beispielsweise an einem schönen Sonntag wie heute, gut ausgeschlafen, da mit einstündiger Nachtverlängerung zur Winterzeit hin, früh um sieben in ein Auto steigen und nicht allzu viele Pausen machen, könnte man mit Glück gegen sechzehn Uhr in Genua sein. Fliegen geht natürlich schneller.

Ich steige also gegen sieben Uhr morgens in ein Auto, so eins mit einem gelben Schild auf dem Dach, und mache zwanzig Minuten später die erste Kaffepause auf dem Flughafen NUE. Der liegt zwar in der falschen Richtung, aber wer wird denn schon kleinlich sein. Nach langer Pause und zwanzig Minuten Flug erreiche ich den Flughafen MUC gegen 10.00 Uhr. Mit dem Auto könnte man in der Zeit schon das Land verlassen haben. Das mache ich jetzt mit einem weiteren Flugzeug, nicht gleich, irgendwann, und nach einem vierzigminütigen Flughopser, erreicht es Mailand. Hier treffen wir das fiktive Auto vom Anfang ungefähr wieder. Während das ungehindert weiter fährt, warten wir Fluggäste auf die Koffer, werden von Mitarbeitern des Reiseveranstalters durch den riesigen Flughafen getrieben. Da viele Gäste eher schwergängig sind, was sie nicht daran hindert, riesige Koffer hinter sich her zu zerren, dauert der Auftrieb seine Zeit. Dass der Bustreffpunkt von einer Baustelle blockiert wird und damit nur über einen Umweg erreichbar ist, beschleunigt den Rentnerauftrieb auch nicht gerade. Aber schließlich sind alle da, etwas später auch die Busse. Es liegen noch zwei Stunden Busfahrt vor uns, durch Stadt und Land, Ebenen und Serpentinen, vorbei an einer kaputten Brücke, und die "übersichtlichen" Hafenanlagen. Als die drei Stunden vorbei sind und das Schiff zwischen all den sehr viel größeren gefunden wurde, steht unser fiktives Auto schon eine Stunde auf einem fiktiven Hafenparkplatz, wahrscheinlich fiktiv nicht lange. So viel zum Thema "Fliegen ist schneller". Nähern wir uns der "Grand Lady", wie die "Artania" im Fernsehen immer genannt wird. Am Eingang steht wie immer der diensthabende Kreuzfahrtdirektor, diesmal Klaus Gruschka, und begrüsst jeden Gast mit den Worten "willkommen zuhause". Alles ganz normal, nur dass ihm diesmal eine große Kamera dabei zusieht. Das geht ja gut los. Eine Ecke weiter gibt es ein Glas Sekt, und fünf Minuten später stehe ich zum ersten Mal auf der großen Artania Showbühne. Nein, Ihr habt nichts verpasst. Auf die Bühne muss jeder, denn da gibt es heute die Bordkarten und die Kabinenschlüssel. Danach wird jeder Gast von einem Kabinensteward persönlich zu seiner Kabine geführt. Warum in dem Briefkasten davor (jeder hat einen persönlichen Briefkasten) erst ein Plan für den nächsten Tag liegt, und später ein zweiter, anderer, das erzähle ich Euch morgen. Jetzt fährt das Schiff erst einmal los und besucht in den kommenden siebzehn Tagen sieben Länder: Frankreich, Spanien, Italien, Malta, Griechenland, Montenegro und Kroatien.






Samstag, 27. Oktober 2018

Auf dem Trockenen

Liebe Freunde, Fans und Follower,


seit gut zwei Jahren sitze ich reisemäßig unfreiwillig auf dem Trockenen, und Ihr irgendwie auch, weil es seitdem nichts mehr zu lesen gibt vom ollen Captain Spareribs. Oder besser "gab", denn es wird besser, und das schon bald. Bereits morgen endet meine unfreiwillige Reiseabstinenz, und Ihr könnt Euch sicher vorstellen, daß ich schon richtig "verrückt nach Meer" bin. Freut Euch auf 2 1/2 Wochen voller fröhlicher und verrückter Geschichten von Bord der "Artania"



Euer
Captain Spareribs

Heimkehr

Heute geht es nach langer, langer Zeit wieder nachhause. Hoffe ich, denn seit dem letzten Wochenende fällt überall in Deutschland Schnee, je...