Der letzte Morgen an Bord ist angebrochen, und der letzte morgendliche Blick aus meiner Kabine zeigt unerwartetes: eine - wenngleich dünn, aber doch deutlich sichtbar - verschneite Hafenanlage. Ich bin sehr froh, dass seit April diesen Jahres die Fahrgastbrücken in Bremerhaven fertig sind (man kennt das ja von Flugzeugen, und wenn man Glück hat, gibt es das auch für Schiffe). Gerade an einem Morgen wie diesem spart einem das die rutschige Eierei über der von heftigen Winden durchtoste Pier. Man kann ganz unbehelligt von den Elementen trockenen Fußes in das Empfangsgebäude gehen, die Rolltreppe runter in die Gepäckhalle, wo schon alle Koffer ordentlich aufgereiht stehen, althergebracht nach Decks sortiert und nicht nach Ausstiegszeit, was das Auffinden enorm erleichtert.
Mit dem Koffer verlasse ich, diesmal vom Zoll unbehelligt, das Gebäude und bin sofort den Elementen ausgesetzt. Eigentlich. Aber damit ich mich diesmal nicht in einer epischen Taxi-Warteschlange einreihen muss (man lernt ja dazu) habe ich einen Bus-Shuttle gebucht. Natürlich fährt der nicht nach Nürnberg, aber ich will erst noch nach Hamburg, weil, 28 Tage von zu Hause reichen mir ja noch nicht.
Fünf riesige Doppeldeckerbusse mit Gepäckanhängern warten neben dem Terminal, zum Glück im Windschatten. Kalt ist es trotzdem. Wer nicht friert ist Alex, der Schiffspianist, der tatsächlich die ganzen Koffer in den Gepäckanhänger wuchtet. Das kann er so gut wie Klavier spielen, vielleicht sogar etwas besser. Auweia, ich werde schon wieder bissig.
Der Bus ist neben dem Fahrer noch mit seiner Frau besetzt, klein, drahtig, um die sechzig, mit deutscher Einheitsfrisur (ich liebe diese Bezeichnung, danke an Cesar, von dem ich sie habe). Gemeint ist der maskuline Kurzhaarschnitt, denn viele ältere Frauen bei uns tragen. Fans der VOX-Serie "Goodbye Deutschland" kennen vielleicht noch die Imbiss-Auswanderer Diddi und Hasi, und ungefähr so sieht die Frau, aus, die im Bus für Ordnung sorgt, was nicht einfach ist. Zunächst versucht sie es im Guten: Freundliche Begrüßung über das Mikrofon, kurze Erklärung des Fahrplans (erst Bremen, dann Hamburg, dann neue Gäste aufnehmen, dann Bremen, dann wieder zum Schiff). Und dann kommt das wichtigste: der Bus ist voll besetzt. Niemand kann mehr als einen Sitzplatz beanspruchen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wären da nicht einige überdimensionale Handgepäckstücke, die jetzt mühsam wieder aus dem Bus gefädelt und in den Anhänger gestopft werden müssen. Und wären da nicht die ewigen Kita-Gespräche wie "ich will aber neben meinem Mann sitzen" oder "ich sitze aber immer hier" und als Höhepunkt eine überdimensionale Reisende, die auf ihren Gangplatz besteht (das verstehe ich noch), und partout nicht will, dass ein Mann sich neben sie setzt. Es ist aber nur noch ein gertenschlanker Mann übrig, den sie nicht an sich vorbei lassen will und keinen Millimeter Platz macht. Erst als Hasi ihr irgendetwas ins Ohr raunt, gibt sie nach. Ich vermute, sie hat ihr empfohlen, sich zu benehmen oder mit dem nächsten Bus zu fahren. Da es den nicht gibt, ist sie jetzt endlich ruhig, und der Bus mit seiner ca. 5.000 Lebensjahre (bei 80 Passagieren) betragenden Fracht tuckert los.
In Bremen steigen etliche Passagiere aus, die Lage entspannt sich. Und dann haben wir Hamburg erreicht. Auch hier liegt Schnee, und es ist einfach saukalt. Zum Glück liegt der Busbahnhof nicht weit weg vom Bahnhof, und dazwischen findet sich mein Hotel. Der Empfang ist herzlich, das Zimmer klein aber sauber, dass Einzelbett breit und komfortabel, und als Willkommensgruß gibt es eine große Flasche Wasser und - sehr gut - ein kostenloses ÖPNV-Ticket für zwei Tage zuzüglich Anreisetag. Das ist doch mal eine nachahmenswerte Idee!
Am späteren Nachmittag beschließe ich, bereits heute das Hard Rock Cafe zu besuchen. Es ist leicht zu erreichen: Vom Hauptbahnhof mit der U3 in 14 Minuten zu den Landungsbrücken. Und das habe ich vor.
Leute, ich bin schon in vielen Städten der Welt U-Bahn gefahren: Nürnberg, Fürth...
Nein, jetzt ernsthaft: München, Berlin, Paris, Atlanta, Budapest, sogar Moskau und natürlich London. Und nirgends war es so scheiße voll, wackelig und unangenehm wie an diesem Sonntag nachmittag in Hamburg. Gräßliche alte überfüllte Wagen voller zum Teil gräßlicher Leute, man hat fast schon übereinander gestanden. Das muss ich nicht noch einmal haben.
Immerhin, auch diese lange Viertelstunde geht vorbei, und da ist es, das Hard Rock Cafe. Ein schöner Laden mit guter Stimmung und sehr guter Bedienung.
Was das Essen betrifft: Das Hamburger HRC hat keine Probleme, das HRC in Punta Cana von seinem bisherigen letzten Platz zu verdrängen. Zwar sieht hier der Burger besser aus als in der Dom.Rep., dafür hat er dort besser geschmeckt (ich weiß nicht, ob ich es schon einmal erklärt habe: Die HRCs haben weltweit die gleiche Speisekarte, verwenden aber regionale Zutaten. Ich bestelle immer den gleichen Burger, was das Ranking erleichtert).
Sollte das jemand aus dem Lokal lesen, keine Sorge, ich habe erst fünf Restaurants besucht. Es bleibt also noch Luft, wenngleich - ich würde mich freuen, wenn der nächste Versuch - wo auch immer auf der Welt - besser würde.
Im Shop war ich auch nicht begeistert, weil die Verkäuferinnen zwar sehr gut aussahen, aber weder erwähnenswertes deutsch drauf hatten noch die allergeringste Ahnung von ihrem Job. Trotzdem verlasse ich den Laden mit zwei gut gefüllten Tüten, und grusele mich vor der Rückfahrt. Daher genieße ich erst noch den nächtlichen Blick über die Landungsbrücken, um dann doch wieder U-Bahn zu fahren (zumal kein Taxi zu finden ist).
Aber diesmal ist der Zug wenig frequentiert, ich bekommen sogar einen Sitzplatz.