Dieser fast schon poetische Satz ist nicht von mir (wie Ihr Euch schon gedacht habt), sondern prangt als einleitende Schlagzeile über dem täglichen Bordprogramm, einem der wenigen Stücke Papier, die es an Bord noch gibt, und das jeden Abend neben dem Betthupferl (dem aus Schokolade) auf dem Kopfkissen liegt. Nahezu alles andere läuft nur noch über Smartphone. Auch das Betthupferl hatte man vor einiger Zeit bereits eingespart. Nach heftigen Protesten von seiten der Stammkundschaft musste man zurück rudern und macht man es jetzt so: am ersten Abend gibt es eins, und daneben einen kleinen Zettel auf dem man ankreuzen kann, ob man jeden Abend eins möchte oder gar keins mehr. Damit stellt man einigermaßen sicher, dass die Dinger im Bauch landen und nicht im Müll, was ja schade wäre. Ach ja, und heute - sie haben es wieder so klar und deutlich geschrieben - ist 2. Seetag, und der erste von drei, bis wir die 1.248 Seemeilen nach Québec hinter uns gebracht haben.
Der heutige Tag soll deshalb für mich ein gesunder sein, (das Motto des Schiffs: Sport und Gesundheit), und so frühstücke ich erst einmal wie ein Kaiser. Am Eingang des Hauptrestaurants Atlantik classic auf Deck 3, ziemlich weit hinten, wird man mit einem Glas Sekt empfangen.
Aus dem reichhaltigen Buffet picke ich mir ein full english breakfast zusammen, und genieße den Ausblick aus den Fenstern, die nur wenige Meter über dem Meer hängen, bei noch immer herrlichem Wetter.
Am Spätvormittag habe ich einen Termin im SPA, wozu ich das Schiff einmal diagonal durchqueren muss, ganz nach vorne, auf Deck 12, noch über der Brücke. Dort knetet mich ein zartes Mädchen aus irgendwo ganz weit weg so lange weich, dass ich mich im Surf & Turf-Restaurant (wo ich am Samstag war) glatt als Wagu-Steak bewerben könnte.
Massieren macht hungrig, nicht nur die Masseurin, und ich freue mich auf ein leckeres Mittagessen im Restaurant Fischmarkt.
Früher gab es auf den TUI-Schiffen immer eine Filiale von Gosch Sylt, die stets recht gefragt und sehr, sehr gut war. Nachdem die Zusammenarbeit mit Gosch beendet wurde, gibt es nun auf den beiden neuesten Schiffen eigene Fischrestaurants, die genauso gut sind wie Gosch. Mindestens! Und als ich auch noch eins meiner Lieblingsgerichte auf der Karte entdeckt habe - Hamburger Pannfisch mit Bratkartoffen und Senfsoße - zieht es mich magisch in den Fischmarkt.
Wer das Gericht nicht kennt (wie womöglich recht viele in Süddeutschland): da werden drei Stücke Fischfilet (unpaniert) in der Pfanne gebraten und zusammen mit Bratkartoffeln und Senf- oder Remouladensoße serviert. Einfach zu machen, geht relativ schnell, kann - je nach Fisch - recht preiswert sein und schmeckt unfassbar gut. Normalerweise.
Es dauert auch nicht lange bis das Essen kommt. Es sieht auf den ersten Blick ganz gut aus, bis auf - (ich weiß, es gibt ein paar wenige unter Euch, die finden, ich spalte in der Gastronomie Haare. Das tue ich gar nicht, aber ich denke es sollte das auf den Tisch kommen, was der Gast laut Karte bestellt.) Also, bis auf - das unwichtigste zuerst - auf dem Teller ist keine Senf- sondern Remouladensoße. Und außer dem Fisch liegen da zwei Riesengarnelen, die zwar luxuriös erscheinen, aber zu diesem Gericht überhaupt nicht passen. Und jetzt zum wesentlichen: von den drei Fischstücken ist eins leicht gebraten, zwei gedünstet und alle drei nahezu kalt. Und nun zum absoluten Spitzenreiter: Ich unterstelle mal, dass Ihr alle wisst, dass man für Bratkartoffeln üblicherweise gekochte Kartoffeln in dicken Scheiben braucht. Es geht auch mit rohen, dauert dann aber wesentlich länger, und länger ist schlecht in der Gastronomie. Man muss sie in der Pfanne braten, und sollte sie nur 1x wenden. Was da als Bratkartoffeln in sehr kleiner Menge auf dem Teller liegt, sind ganz dünne Scheiben, trotzdem noch fast roh, und vermutlich im Heißluftofen gerade mal kurz angewärmt. Und das schlimmste: wie ich bei Gesprächen mit anderen Gästen in den nächsten Tagen noch herausfinden werde, machen die das immer genau so. Ohne Worte. Und wer jetzt noch grübelt: Nein, ich habe das natürlich nicht gegessen, sondern mir irgendwas anderes im Buffet-Restaurant nebenan, oder besser gesagt, davor (also Richtung Bug) genommen.
Zum Glück hat es hier jede Menge Auswahl an Restaurants, die auch immer alle pünktlich öffnen oder gar nicht erst schließen.
Bevor es aber an die nächste Mahlzeit geht, muss ich mich dann wohl oder übel mal mit dem Thema Sport und Bewegung befassen. Hat man sich also auf Deck 12 satt gegessen und verlässt das Restaurant, welches der drei (das dritte ist die "Backstube") auch immer, steht man im mittleren Treppenhaus und hat die Qual der Wahl zwischen einer breiten Doppeltreppe oder sechs großen Aufzügen. Mittleres Treppenhaus mutet zumindest mich etwas seltsam an, weil wir nur zwei haben, was ungewöhnlich ist für so ein großes Schiff und mathematisch keine ganzzahlige Mitte zulässt. Eigentlich ist es dann doch das hinteres Treppenhaus, oder? Tatsächlich hängt es mit der Position im Schiff zusammen, so ähnlich wie bei Autos, aber nur so ähnlich, denn da gibt es welche nur mit A-Säule und C-Säule, weil man die mittlere weggelassen hat. Oder bei Flugzeugsitzen: da beginnt man mit dem Fensterplatz an Backbord, das ist Sitz A, der mittlere ist Sitz B und der Gangplatz ist Sitz C. Gibt es nur zwei, läßt man aufgrund seiner Position Sitz B weg. Und so haben wir auf dem Schiff Treppenhaus A und B. Aber ich glaube, ich schweife geringfügig ab.
Fährt oder läuft man nun von Deck 12 eine Etage höher, ist man auf Deck 14. Kein Scherz, das Deck 13 haben sie weggelassen, wegen dem Klabautermann und sonstigem Aberglauben. Das macht man auf vielen Schiffen so, aber nicht auf allen. Vor allem nicht auf denen, die maximal zwölf Decks haben. OK, war flach.
Nach längerem sportlichen Warten auf den Aufzug bin ich nun auf Deck 14 angekommen, trete backbordseitig ins Freie, lasse mir bei strahlendem Sonnenschein den frischen Seewind um die Nase wehen, sehe mich um, und als erstes fällt mir eine Freitreppe auf, die eine weitere Etage nach oben führt und direkt in dem riesigen Fitness-Studio endet, das gerade an Seetagen von sehr vielen hochmotivierten Menschen genützt wird, so auch heute.
Direkt vor mir, auf dem Boden, liegt als schreiend bunter Streifen der Joggingpfad, der zweimal am Tag den Joggern vorbehalten ist, und sonst auch gerne mal mit Liegestühlen vollgestellt wird. Liegestühle haben wir viele, auch reservierte, so sagt man. Es ist eben ein Schiff voller deutscher Touristen, von denen nicht jeder weiß, was sich gehört. Aber abgesehen von der Sache mit den Liegestühlen, kann man sich kaum beschweren diesmal, also, über die Touristen.
Ich folge dem Joggingpfad vorsichtig in Richtung Heck, denn da war ich schon einmal, bis zur wirklich großen Sportarena, wo heute ein Tanzkurs stattfindet. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten sehe ich eine Sporthalle von innen, aber die Dinger riechen immer noch so wie früher, und sind nicht der richtige Rahmen für’s Tanzen. Finde ich jedenfalls. Der sogenannte Tanzkurs hier ist es auch nicht, und nach wenigen Minuten ziehe ich weiter, Richtung Heck, vorbei an einigen Folterinstrumenten (die man Trimmgeräte nennt) bis zu einer Stelle, wo der Pfad nicht ganz unsteil ansteigt bis Deck 15, freischwebend einen eleganten U-Turn über dem kompletten Heck dreht und dabei steuerbordseitig auf Deck 14 zurück kehrt.
Wer es nicht ganz so freischwebend mag, findet noch vor dem U-Turn einen Notausgang, der zur Hoheluft-Bar führt, der höchsten Bar an Bord und bisher einmalig in der Flotte. Dort zu rasten war auch mein Plan gewesen, nur leider ist im Augenblick geschlossen. Vermutlich, weil sie das Schutzgitter vor dem Flaschen- und Glasregal hinter der Bar wieder nicht aufkriegen, wie schon vor ein paar Tagen einmal. Elektrisch ist auch nicht immer eine Lösung. Ich könnte jetzt einfach eine Treppe runtergehen, in die Außenalster-Bar direkt darunter. Dass die offen hat, hört man deutlich. Aber ich bin ja heute sportlich, und drehe, wenn auch im seniorengerechten Tempo, den eleganten U-Turn, und verfolge den bunten Streifen auf dem Boden, diesmal auf der Steuerbordseite, wieder Richtung Sportarena, Treppenhaus B, Fitness-Studio, und weiter geradeaus. Unter mir, auf Deck 12 ziehen die Badelagune mit der Eisbar vorbei, die Unverzicht-Bar, die sehr verführerisch nach Döner duftende Bosporus-Snackbar, der sage und schreibe 25m lange Pool, bis ich den vorderen Aufbau erreiche, in dem sich das SPA befindet, die Ruhepol-Bar, das zweifelsfrei vordere Treppenhaus, und ein paar Dinge wo ich nicht hin darf: eine Bar und ein kleiner Pool für die Suitengäste, und etwas weiter ein großer Raum, wo nicht einmal die hindürfen: die Brücke, oder wie unser maltesischer Captain immer sagt: die „Brrugge“. Kurz vor dem Aufbau biegt der bunte Streifen scharf nach rechts ab - Späßle, da ginge es ordentlich abwärts, one way - natürlich nach links ab, überquert das Schiff, und kurz bevor er sich auf die Rückreise macht, lädt die Überschau-Bar zum Pause mache ein. Auf allen früheren TUI-Schiffen gab es die auch und sie war immer meine Lieblingsbar gewesen. Die hier wirkt ebenso einladend, nur hatte irgendein witziger Schiffsdesigner die „gute“ Idee, wegen der Übersicht besonders hohe Barhocker anfertigen zu lassen. Tatsächlich ist es für durchschnittlich gewachsene Menschen schwierig und für kleinere unmöglich, hier ohne fremde Hilfe hoch zu steigen, und für alle eine Herausforderung, da wieder herunter zu kommen, ohne danach Hilfe zu brauchen. Zugegeben: die Übersicht war niemals besser.
Aber trotzdem: meine Lieblingsbar ist jetzt die Hoheluft-Bar, wo es sie gibt (bisher nur hier) und wenn sie mal wieder auf hat.
Pünktlich um 18.00 Uhr mache ich mich auf den Weg nach Deck 5, wo ich heute im „Ganz schön gesund“-Bistro essen möchte. Seltsamerweise herrscht gähnende Leere, kein Wunder, sie haben gar nicht offen, sind aber beim vorbereiten. Sie öffnen um 18.00 Uhr, erklärt mir der Oberkellner, und jetzt wäre es 17.15 Uhr. Meine Uhr, also das iPhone, aber zeigt eindeutig 18.15 Uhr. OK, ich gehe wieder und komme später zurück. Und was es mit der seltsamen Zeitverschiebung auf sich hat, erzähle ich Euch morgen.
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