Heute muss ich - zum ersten Mal auf dieser Reise - zu einer meiner geliebten Zeitschleifen greifen. Vielleicht hätte ich auch gar nicht müssen, wenn mir gestern noch diese neue Geschichte im Gedächtnis gewesen wäre. Das liegt daran, dass ich meistens erst ein paar Tage nach dem jeweiligen Ereignis darüber schreibe, was auch Vorteile hat, siehe „auktorialer Erzählstil“ am 30. März, irgendwo mittendrin. Aber ich verplaudere mich.
Wir drehen die Zeit zurück. Es ist wieder gestern morgen, ich stehe auf, mache mich für den Tag fertig, ziehe das iPhone, nachdem es die ganze Nacht am Strom genuckelt hatte, aus der Dose, kontrolliere aber nicht den Ladezustand. Das habe ich noch nie vergessen, also fast nie. Ich schwöre. Wie auch immer, früh um zehn schreit es einmal kurz um Hilfe, dann geht es aus. Alles ein ganz normaler Vorgang, wenn auch selten. Ich denke mir nichts weiter, denn man braucht ja nicht ständig so ein smartphone. Auch wenn die MeinSchiff-App wirklich sehr angenehm und das Leben bequemer macht, man kann darauf zum Beispiel sehen, was es heute zu essen gibt, was im Theater gezeigt wird, und wie stark der Wind weht, außerdem Ausflüge buchen und stornieren, sich im Spa anmelden, und nachsehen, wieviel Geld man an Bord schon verpulvert hat, also so nebenbei. Aber das geht auch anders: möchte man wissen, was es zu essen gibt, kann man auch ganz analog ins Restaurant gehen, und die Speisekarte lesen. Oder, wem das zu risky ist, der kann einen der riesigen touch screens benutzen, die in den Treppenhäusern hängen und quasi auch alles wissen, außer natürlich den Stand des Bordkontos und die persönlichen Termine. Wegen Datenschutz, habe ich gehört. Die beiden letzteren Dinge kann man an den jeweiligen Rezeptionen bzw. dem Ausflugsschalter erfahren, oder auch vom Kabinenfernseher über das Bordportal. Oder auf die harte Tour. Wir sind zurück im hier und jetzt, Karfreitag, 10.00 Uhr morgens. Das Telefon klingelt, also das auf dem Nachttisch, in der hintersten Ecke der Kabine. Das Telefon ist modern, ich kann also sehen, wer anruft. Es ist die Spa-Rezeption, die mich darauf aufmerksam macht, dass ich doch in diesem Moment einen Termin für eine Sportmassage hätte. Na super. Anscheinend bin ich ja doch iPhone-abhängig. Eigentlich hätte ich den Termin jetzt kostenpflichtig verloren, aber ich gehe zum Gegenangriff über und biete an in fünf Minuten da sein zu können oder halt irgendwann. Kurzes Nachdenken, Rückfrage bei der Chefin, und dann sagt er, ich möchte direkt kommen. Mache ich auch. Denn: Heute bekomme ich wieder eine Sportmassage, was ja … ich wiederhole mich, diesmal absichtlich.
Heute ist mein Glückstag, denn trotz der selbst verschuldeten Verspätung bekomme ich anstatt der Türsteherin ein nur halb so hohes Thaimädchen zugeteilt. Und deren Massagekünste sind sensationell, ungefähr so wie die ihrer Kollegin auf meiner letzten Reise.
Der Tag verläuft ansonsten ereignis- und iPhonelos, und ich freue mich auf den Abend, denn mir hat jemand versprochen, abends sein Kabel leihweise mitzubringen.
Es hat nicht geklappt.
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