Wir schaukeln wieder Richtung Süden und haben Kurs auf die Kanarischen Inseln genommen. An den Treppen hängen nach wie vor die blauen Tüten, die man notfalls mit Mageninhalt füllen könnte, was aber aus meiner Sicht eher übervorsichtig ist. Aber meine Meinung ist hier nicht relevant, und volle Tüten wegwerfen geht natürlich leichter als Teppich putzen.
Der Captain schickt uns mit einem Wetterbericht voller Sturm, niedrigen Temperaturen und Schneefall in den April, indem er die Vorhersage von München vorliest, und bei diesem einen Aprilscherz bleibt es.
Abends findet eine Gin-Verkostung statt. Um 21:00 Uhr, also sozusagen als late-late-night Veranstaltung, und schon der Veranstaltungsort ist schräg: im „Diamanten“ auf Deck 4, erreichbar aber nur über Deck 5, voll am AdS (Arsch des Schiffs), also ganz, ganz hinten, sozusagen direkt über dem Backbordruder. Es ist die Café-Lounge, einer der wenigen kostenpflichtigen Bereiche hier an Bord, und eingerichtet ist sie wie die Tanzschule, wo ich in den späten Siebzigern meine Jugend verbracht habe: halbrunde Sitzbänke mit weichen Stoff bezogen, runde Glastische, wilde Lampenkonstruktionen, dominierende Farben: ganz viel orange, etwas weiß, und ab und zu Details in irisierender Buntheit. Ich weiß wirklich nicht, warum die hier an Bord ihre hochprozentigen Verkostungen immer an Orten stattfinden lassen, wo man sich schon beim hinsetzen vorgeglüht fühlt. Vielleicht um Gin zu sparen? Wäre aber gar nicht nötig, denn die riesige Gruppe an Interessenten besteht lediglich aus einem Gin-afinen Ehepaar aus Hamburg, und dem dicken Mann, der von nichts eine Ahnung hat.
Fazit: die angebotenen Getränke schmecken interessant bis gut, aber leider ist der die Verkostung durchführende Genussexperte noch nicht auf dem Stand, so etwas durchzuführen, insbesondere weil man ihn aufgrund seiner dürftigen Deutschkenntnisse oft sehr schlecht verstehen kann. Aber das wird sicher noch werden.
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