Mittwoch, 26. Juni 2024

Sommertag

 Und schon sind wir da, pünktlich wie die Bahn. Also, in Japan. Laut ist es, und während ich mir noch die Augen reibe, fährt an meinem Balkon ein riesiges gelbes Monster vorbei. Das sieht man im 9. Stock auch nicht alle Tage. Bei dem Monster handelt es sich um einen mobilen Hafenkran, der sich über einen längeren Zeitraum bemüht, eine Gangway an das Schiff zu hängen, unterstützt von zwei kleinen Männern, die an einem Seil ziehen. Falls ihr jemals im Fernsehen gesehen habt, wie im hamburger Miniatur-Wunderland die Brücke zwischen den beiden Gebäuden montiert wurde: ungefähr so. Aber viel, viel weniger professionell. Schließlich hängt die Gangway, aber nicht gut. Es braucht einen zweiten Versuch. Das scheint in Frankreich normal zu sein.

Im gestrigen Tagesprogramm stand, dass im Hafen von Brest für Touristen so überhaupt nichts geboten ist, und man deswegen für nicht ganz so viel Geld einen Shuttlebus ins Stadtzentrum anbietet. Es ist auch nicht ganz so weit diesmal. Zugegeben - aufgrund der Erfahrungen in Port Medoc überlege ich etwas länger, bestelle ich dann doch ein Ticket. Schließlich habe ich viel Geld gespart, weil ich einen Ausflug auf Jersey wollte, der aber ausgebucht ist, und ich es deswegen nur auf die Warteliste geschafft hatte. Das heißt, 95€ gespart, das reicht für einige teure Shuttlebusse. Aber zurück nach Brest:

Dass den Touristen im Hafen keine Attraktionen geboten werden, kann ich so nicht bestätigen. Allein für die Aktion mit der Gangway könnten sie Eintritt nehmen, zumindest bei den Männern. 



Außerdem gibt es auf der Pier ein paar kleine Verkaufsbuden, die liebevoll dekoriert die nötigsten Souvenirs bereit halten, auch ein paar Kühlschrankmagneten.  So gesehen könnte ich wieder an Bord gehen, aber ich habe das Busticket nun einmal, und schon geht es los. Bereits nach wenigen Minuten ist aussteigen angesagt, neben einem kleinen Park mit sehr schönem Blick auf die Festung und die berühmte Hubbrücke. Eine nette Französin erwartet uns, um in sehr gutem Englisch die verschiedenen Wege zu erklären. Viele meiner Mitreisenden haben auch Stadtpläne, deren Ausgabe ich wohl verpasst habe. Aber wozu auch, wir sind in der EU, und das iPhone weist gerne den Weg, wo es nötig sein sollte. Hier ist es das nicht, der Weg zum Zentrum ist 



unkompliziert und leicht erklärt. Die Sonne scheint, sogar heftig, mit 26°C, so dass es sich empfiehlt, lieber die Schattenseite des Lebens - ok, der Straße - aufzusuchen.

Im Zentrum gibt es viele tolle Geschäfte wie auch in anderen Großstädten, gut gemischt mit vielen sehr französischen in allen Größen. Es ist schön sauber und fußgängerfreundlich hier, und ein Stadtbummel macht Spaß. Leider ist nur ein einziges Souvenirgeschäft am Platz, wo ich immerhin einen sehr schönen Kühlschrankmagneten finde. 



Ach ja, das Sammeln von Kühlschrankmagneten. Das gehört zu den wenigen Dingen, wo ich absolut mainstream bin. Vor ein paar Wochen hatte mir mein Kühlschrank schon Vorwürfe gemacht wegen den Mengen die an ihm hängen, dabei reisse ich mich schon zusammen: Waren es früher gelegentlich einmal ein halbes Dutzend von ein und demselben Ort, habe ich mich heute schon so weit eingeschränkt, dass es pro Ort nur noch einen gibt. Und wenn ich schon einmal dort war und es bereits einen gibt: gar keinen.

Die Rechnung dieser Reise sieht so aus: Dreizehn Häfen, abzüglich Porto, A Coruña und Guernsey - bleiben zehn. Die gute Nachricht (für meinen Kühlschrank) ist: nach der halben Reise habe ich erst zwei. Aber es wird schlimmer, ich schwöre!

Schlimmer wird es auch mit der Hitze, weswegen das Dach über unserem Pooldeck ein gutes Stück offen steht. Trotzdem ist es sehr warm hier.

Während des Nachmittags wird die Aussage, hier sei für Touristen nichts geboten, nochmals Lügen gestraft: Ein zehnköpfiger Männerchor singt zu Gitarre, Akkordeon und ordentlich Verstärkeranlage die französische Seemanslieder-Hitparade rauf und runter, in Spielfilmlänge. Es gibt sogar ordentlich Applaus dafür, von den Mitreisenden, die so wie ich einen Steuerbordbalkon haben, und eigentlich Mittagsschlaf halten wollten.

Pünktlich um 19.30 Uhr legen wir ab. Offenbar war die Demontage der Gangway nicht so schwierig, oder man hat rechtzeitig angefangen. Da wir mit (noch) offenem Dach fahren, ändert sich die brütende Hitze fast schlagartig zu angenehm milder Seeluft. Herrlich!



Was ich noch nachschieben möchte: Als ich gestern Abend auf meine Kabine komme, liegen auf dem Bett: 1. Das Tagesprogramm für Brest (das ist immer so), 2. das Busticket für heute (das sollte auch so sein) und 3., ratet ihr’s? Kalkulation beim Teufel - das Ausflugsticket für Jersey. Ich freue mich trotzdem!


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