Dienstag, 18. Juni 2024

Die kürzeste Etappe

 Schade, dass man von Nürnberg aus keine Kreuzfahrten beginnen kann, zumindest keine mit einem Hochseeschiff, und mag es noch so klein sein. Die meisten Häfen erreicht man nur fliegend, und zumindest meine Flüge gehen irgendwie immer ab Frankfurt und immer morgens, so dass die dortige Hotellerie sich über einen Gast mehr freuen kann. Aber so weit sind wir noch nicht.

Mein Zug geht kurz vor 13.00 Uhr  und fährt von Gleis 4 ab. Ich bin früh dran, mache es mir auf einer Wartebank gemütlich, und genieße den Anblick der üppigen  naturbelassene Vegetation zwischen den Gleisen. Ich sinniere vor mich hin, was dieses Wachstum mit den durchschnittlichen Verspätungen der Bahn zu tun hat, bis mir jemand erzählt, der Zug wäre nach Gleis 7 verlegt worden. 



Vorsichtshalber befrage ich das Internet, und das gibt der Dame Recht. Mein 21-kg-Koffer und ich bemühen uns nach Gleis 7 und alles ist gut. Bis ich auf eine mir wohlbekannte Dame aus dem Filmbüro treffe, die auch nach Frankfurt möchte und weiss, dass der Zug nun doch auf Gleis 4 abfährt.  Ich vertraue ihr, denn sie weiss was sie tut.

So weit, so gut. Wir fahren vier Minuten zu spät los, was in Deutschland als pünktlich gilt. Allerdings nur bei der Bahn.  Nach einer freundlichen Begrüßung verkündet der Zugchef, dass aus technischen Gründen das Bistro heute nicht öffnen kann. Es gäbe aber eine kleine Auswahl an Getränken, jedoch nur kalten. Genau in diesem Moment läuft auf den Zugmonitoren eine Gastro-Werbung: „ob con oder sin carne, im Bordbistro ist es immer gechill(i)t“. Klar, ohne Gäste…

Es geht weiter: Wegen einem Erdrutsch vor einigen Tagen ist mit Verspätungen von 30 Minuten zu rechnen. Wenigstens hier zeigt sich die Bahn zuverlässig: noch vor Würzburg ist die halbe Stunde erzielt. Und bleibt es auch. Ist mir egal, denn heute möchte ich ja nur bis Frankfurt Hauptbahnhof und kann folglich kein Flugzeug verpassen. Und dann ist es mir nicht mehr egal, denn der Zugchef verkündet, dass der Zug nicht zum Hauptbahnhof fahren kann, dafür ausnahmsweise an der Station Frankfurt-Süd hält, wo es mit der S-Bahn weiter geht. Mit welcher, behält er für sich. Die Lösung gefällt mir nicht, denn in Frankfurt sind die S-Bahnen tiefer gelegt und tendieren zu kaputten Aufzügen, defekten Rolltreppen und gut funktionierenden - Treppen. Die sind aber etwas lästig mit einem schweren Koffer. Oder kaputten Knien. Oder gar einem Rollstuhl.

Etwas später, der Zug verzögert schon kräftig, wir sind kurz vor Aschaffenburg, da fällt dem Zugchef ein, dass in einer halben Stunde hier ein Regionalexpress ankommt, auf dem gleichen Bahnsteig, der fährt auch zum Hauptbahnhof. Gleicher Bahnsteig, das klingt verlockend. Der Koffer und ich schaffen es gerade noch aus dem Zug. Aber es geht besser: schon nach zehn Minuten kommt auf dem gleichen Bahnsteig ein ICE angetuckert, der ebenfalls Frankfurt Hbf ansteuert. Schön leer ist er, und aus Nürnberg kommt er. Den hatte der Zugchef wohl übersehen. Deutsche Bahn, halt.

Ohne weitere Zwischenfälle erreiche ich Frankfurt, wo es etwas umsonst geben muss, so voll wie es hier ist, und finde ohne Probleme mein Hotel. Es ist auch nicht zu übersehen, wenn man den Bahnhof auf der richtigen Seite verlässt.


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