Mittwoch, 12. Oktober 2016

Auf dem Schiff

Heute ist schon wieder Seetag. Offiziell der zweite, aber ich habe das Gefühl, wir sind fast ständig unterwegs. Nicht so schlimm, wenn das Schiff nicht so voll wäre. In manchen Bundesländern sind Ferien. Mehr sage ich nicht.
Überhaupt, das Schiff. Seit es weiss, dass es Anfang 2018 entlassen wird, lässt es sich ein wenig gehen. Es hat zwar schon einen neuen Job bei Thomson Cruises, aber es ist nicht mehr so motiviert wie früher. Viele Holzteile an Deck zum Beispiel, tragen deutliche Spuren von zu viel Sonne und Seeluft, und müssten längst mal wieder gestrichen werden. Schrammen an Wänden und in Aufzügen werden geflissentlich übersehen, und manche Ecken waren früher sauberer. Natürlich wird alles nötige gemacht, aber wenn die Leute an Bord heute etwas neu streichen, kleckern sie mehr als früher, auch ohne Seegang. Überhaupt, die Leute. Die geben sich nach wie vor mega-viel Mühe, sind sehr nett zu den Gästen und tun alles, damit diese sich wohl fühlen. Aber: sie sind zu wenige, und viele von ihnen kriegen nicht genug Schlaf. Das merkt man. Und dann das mit der Sprache. Zur Erinnerung: die Schiffe von TUI-Cruises sind für den deutschsprachigen Markt konzipiert, und werden auch nur dort vermarktet. Die einzige Bordsprache der Passagiere ist deutsch, die Crewsprache englisch. Mannschaftsmitglieder, die direkt am Gast sind, sollten daher einigermaßen bis sehr gut deutsch verstehen und sprechen. Was früher ganz gut funktionierte, hat sich leider dramatisch verschlechtert. War es früher, als die meisten Servicemitarbeiter von den Philippinen kamen, möglich sich im Notfall mit englisch zu behelfen, funktioniert das nach einem Wechsel auf osteuropäisches Personal leider kaum noch. Na gut, manchmal ist es auch lustig. Anbei ein Beispiel, dass sich aber durch den gesamten Servicebereich zieht: Wenn man im Hauptrestaurant ein Menue bestellt hat, dann muss der Kellner, besser gesagt, der foodrunner, bei jedem Gang, den er bringt, dazu sagen, was es ist. So wird aus einer "internationalen Käseauswahl" beim servieren "einmal Internationale", das "rote geeiste Paprikasüppchen mit Ingwer" verwandelt sich in "einmal Rote" und - entschuldigt bitte die etwas abgehobenen Bezeichnungen der Gerichte, aber so stehen sie auf der Karte - die "langsam gegarte Hühnerbrust auf aromatisiertem Basmatireis an jungem Gemüse" wird letztendlich zu - ahnt Ihr es schon? - Genau. Der Servicemitarbeiter stellt den herrlich duftenden Teller auf den Tisch mit den Worten: "Bitteschön, einmal langsame!". Ist das nicht lustig? Ich vergleiche mit früheren Reisen und komme zu dem Schluss: Nein, das ist leider nicht lustig. Der (beispielhafte) Mitarbeiter wurde wie viele andere nur minimal für seine Tätigkeit ausgebildet und soll den Rest beim Job lernen. Mag mit der Zeit leidlich funktionieren, aber einen Deutschkurs besucht er nach einem Zehnstundentag verständlicherweise sicher nicht mehr. Und was uns Gäste betrifft? Natürlich, wir sind selber schuld, wenn wir für eine schnöde Urlaubsreise so viel Geld ausgeben, wie für eine Kreuzfahrt nun einmal verlangt wird. Und ob das Verhältnis zwischen Preis und Leistung in Ordnung ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich habe es getan.



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