Samstag, 8. Oktober 2016

Affig

Heute ist schon der vierte Tag, und wir haben unseren zweiten Hafen erreicht: Gibraltar. Nur acht Stunden werden wir hier sein, und bevor der Landausflug beginnt, sind davon schon drei vorbei. Kein Organisationsfehler, denn wir sind schon früh um sechs eingetroffen, und da war es eben noch stockfinster. 
Egal, carpe diem. Das Land ist klein, und die Busse sind es auch. Das ist aber nicht so schlimm, weil man sich immer nur für ein paar Minuten zusammenfalten muß, um die extrem engen Serpentinen bergauf und bergab zurück zu legen. 
Die Gibralter - oder Gibraltaner? Keine Ahnung - haben einen amerikanischen Latino-Sprachfehler zu ihrer Landessprache erkoren. Passend zu ihrer Lage als englischen Enklave auf spanischem Boden sprechen sie spanglish, das heißt, sie mischen spanisch und englisch, gerne auch mitten im Satz. Das Temperament und die Warmherzigkeit sind eher spanisch, der Humor englisch, oder schlimmer. Frage: was braucht ein Engländer in der einzigen schottischen Kneipe in Gibraltar? Einen Reisepass! Man hat hier das englische Pfund als Zahlungsmittel, englische Polizeiuniformen, und ebensolche Telefonzellen. Allerdings fährt man rechts, denn Gibraltar ist zum einen eine Halbinsel, und zum anderen hat man eine Grenze nach Spanien. Und nachdem die Spanier sich trotz wiederholter Bitten weigern, links zu fahren, hat man sich eben angepasst. 
Sehr hügelig ist es hier, viel Schiffsverkehr zu sehen, und interessante Relikte aus aus dem zweiten Weltkrieg. Doch nichts kann die eigentlichen Stars von Gibraltar übertreffen, auf die schon alle sehr gespannt sind. Vor dem ersten meet-and-greet gibt es - wie bei allen großen Stars genaue Verhaltens-maßregeln: nicht füttern (kostet 4.000 £), nicht anfassen (bissig), und vorsicht mit den Wertsachen. Dem Vernehmen nach haben sie in der Stadt einen Hehler, der ihnen für eine gute Kamera bis zu zehn Bananen zahlt. Die Rede ist natürlich von den weltberühmten Berberaffen, die hier frei leben, etwa schimpansengroß sind, aber vom Gesicht her eher Pavianen gleichen und ein hellbraun-gelbliches Fell haben. Allen Warnungen zum Trotz, gibt es keinerlei Probleme mit ihnen. Sie sind an Menschen gewöhnt und legen ein Verhalten zwischen ignorieren und in-Positur-setzen an den Tag, betteln jedoch nicht. 



Aber auch ohne die netten Vierbeiner ist Gibraltar durchaus mal einen Besuch wert. In Anlehnung an Oscar Wilde sind hier zwar die Basics wie Wasser, Strom, Miete teuer, aber der Luxus, also das, was man wirklich braucht, von Benzin über Zigaretten und Alkohol bis zu Gold und Markenartikeln zollfrei und damit günstig. Die Kriminalitätsrate gilt als sehr niedrig, und zwar nicht, weil die Menschen hier besonders anständig wären, sondern viel mehr, weil jeder jeden kennt. Also kommt gerne mal vorbei. Nur vielleicht nicht mit dem Flugzeug, denn Gibraltar gilt als einer der gefährlicheren Flughäfen. Weiß auch nicht warum. Vielleicht, weil über die Mitte der einzigen Start- und Landebahn eine Hauptstraße führt, die bei Flugverkehr erst einmal gesperrt werden muß...

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