Ich hatte es noch nicht erwähnt, aber heute morgen habe ich schon zum dritten mal in Folge das Bare in meinem Geldbeutel komplett ausgewechselt, diesmal wieder zu Pfund Sterling, denn heute geht es endlich von Dover aus nach London.
Dem vorausgegangen war ein großes Buhai mit den Reisepässen, die eigentlich schon beim Check-in eingesammelt werden sollten, aber wohl nicht von jedem hergegeben wurden. Bis gestern Abend enthielt jede Durchsage vom KD auch den Zusatz, dass die fehlenden Pässe an der Rezeption abzugeben sind, weil das Schiff in Dover sonst nicht freigegeben werden kann, und alle an Bord bleiben müssen. Und nicht nur die Altersheimbewohner, die mal wieder nicht zugehört haben. Ehe es Euch langweilig wird: manche Regeln haben sogar Unterhaltungswert. Zum Beispiel letztes Jahr; in der gesamten Karibik, und beim Wiedereintritt in die EU und bei der Wiedereinreise nach Deutschland - und das waren immerhin nicht weniger als zwölf, zumeist außerirdische, pardon, außereuropäische Grenzübertritte und Landgänge, also von den Cayman Islands bis nachhause - hat sich kein Mensch für irgendeinen Pass interessiert, und Landgang war immer mit der Bordkarte möglich, die übrigens kein Lichtbild trägt (das ist nur im Schiffscomputer hinterlegt, und die Kontrolleure beim Betreten des Schiffs können es sehen). Die drei Häfen zuvor allerdings hatten drei verschiedene Vorschriften: nur Bordkarte, Bordkarte mit Führerschein oder Kopie oder Perso, und Bordkarte mit Original-Reisepass. Alle drei Häfen sind nicht nur US-amerikanisch, nein, sie liegen auch noch alle im selben Bundesstaat: Florida!
Auf der jetzigen Reise gab es nach der Einschiffung auch keine Kontrollen mehr, nicht in Portugal, nicht in Spanien, nicht in Frankreich, nicht- wir verlassen die EU - auf Jersey. Aber jetzt möchte der nächste französische Hafen, weil wir ja nicht aus der EU kommen, dass wir zusätzlich ein Ausweispapier oder zumindest die Kopie davon mit uns führen. Machen wir auch, und wisst ihr was? Keinen hat es interessiert. Aber heute, da kommt die große Show, weil die Engländer wollen ganz genau unsere Pässe kontrollieren. Das hält möglicherweise auf, und ich habe doch einen Ausflug nach London gebucht!
Wir sind in Dover - habe ich das schon erwähnt? - und zum ersten Mal, obwohl ich schon so oft das war, konnte ich den Anblick der berühmten weißen Felsen genießen. Aber das wollt ihr gar nicht wissen…
Die Passagiere werden in Gruppen aufgeteilt, in zu große, was zu fußkranken Staus im Treppenhaus führt, müssen über eine never ending Gangway ins Terminal laufen, ihren Pass aus einem zwar nach Decks, aber wohl nicht nach Kabinennummern sortierten Karteikasten heraus suchen lassen, und ihn dann den freundlichen englischen Kontrolleuren präsentieren. Aufgrund des Flaschenhalses 1 (Treppenhaus) und des Flaschenhalses 2 (Karteikasten) herrscht an den vielen Kontrollschaltern eher weniger traffic, und ich nehme mir die Zeit, mit den beiden netten jungen Damen, zu denen man mich geschickt hat, etwas ausführlicher zu plaudern. Bis der nächste Passagier kommt, das kann dauern, und es gibt noch etliche weitere Schalter.
Dann geht es zum Bus (einem großen, komfortablen mit nur 24 Passagieren) und schon nach zweieinhalb Stunden stehen wir vor dem London Eye, das ich gerne mal ausprobiert hätte, aber da muss man sich wohl ein halbes Jahr vorher anmelden. Der Andrang ist unfassbar.
Also fahre ich, wie ursprünglich geplant, mit der U-Bahn zum Picadilly Circus, wo sich das hiesige Hard Rock Cafe befindet. Es liegt im Keller, ist richtig groß und im U-Bahn-Design gebaut. Und man kriegt hier nie einen Platz, so hat man mir gesagt. Und jetzt ist Mittagszeit. Egal, ich ändere meine Gewohnheit (erst einkaufe, dann essen) und frage direkt nach einem Platz im Restaurant. Klar, gerne,kein Problem. Treppe runter, der übliche Empfang, schon habe ich einen netten kleinen Zweiertisch für mich.
Während ich esse, passiert, wovor man mich gewarnt hatte: der Laden ist voll, man muss anstehen.
Was schön ist: sie besetzen nicht jeden Platz, und insbesondere setzen sie nicht Leute zusammen, die nichts miteinander zu tun haben.
Das Essen selbst wird bei meinem Ranking irgendwo im Mittelfeld landen. Positiv zu erwähnen sind die Fritten, die ausnahmsweise mal lange genug im Öl waren.
Als ich die Treppe wieder hoch klettere, ringeln sich zwei hungrige, ungeduldige Reptilien vom Eingang durch den Rockshop (dem größten der Welt) bis zum Empfangstresen des Restaurants.
Die Klamotten hier sind besonders teuer, nicht nur, weil man pfundweise Geld dafür ausgeben muss. London halt. Zum Glück hatte die Reiseleiterin vorhin im Bus Stadtpläne ausgeteilt, auf deren Rückseite Gutscheine aufgedruckt waren. 15% Rabatt im Rockshop, das bringt des Einkauf wieder auf ein normales Preisniveau.
Ich treibe mich noch eine zeitlang nahe dem Picadilly Circus herum, finde sogar ein paar bezahlbare Souvenirs (London ist echt teuer geworden!) und fahre zurück zum London Eye, dessen Popularität während der letzten Stunden noch deutlich zugenommen zu haben scheint. Oder vielleicht liegt es auch an den gepflegten, kostenlosen Toiletten dort. Als ich nach getaner Tätigkeit die Treppe wieder hoch steige, kommt mir ein Riesenschwall Touristen entgegen, von denen viele den Linksverkehr noch nicht begriffen haben. Aber ich schaffe den Weg zum Bus unfallfrei, und der wiederum seinen Weg unfallfrei nach Dover, wo wir auf dem Schiff einen sehr unglücklichen Küchenchef haben, weil die Energie in der Küche ausgefallen ist, und er die warmen Gerichte nur mit großen Wartezeiten auf den Tisch bekommt. Wie gut, dass ich heute Mittag meine Gewohnheit gewechselt hatte!
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